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Dem Web-M. wurde von Herrn Geyer und der Klasse GTA 11 folgender Artikel nebst Video und Fotos mit Bitte um Veröffentlichung zugeleitet:

Videovorstellung Berufliche Schule der FAW
Zum Betrachten des Videos bitte auf das Bild klicken.

Exkursion der GTA 11 mit dem Fachlehrer Christoph Geyer am 27.09. und 30.09.2012

© Bildquelle: Wilhei/ PIXELIO (www.pixelio.de)

Grafisches Gestalten der Praxis ist eben doch etwas anderes als vor dem Computer zu sitzen. Besonders wenn die Technik sich seit der Zeit Gutenbergs nur wenig verändert hat. Es ging um Bleisatz, genauer um den Handsatz mit beweglichen Lettern.
Vorausgegangen war eine theoretische Einweisung in die einzelnen Arbeitsschritte des Handsatzes. Jeder Schüler hatte ein Entwurfsblatt mit dem vorgegebenen Text, eine Tabelle mit der Einteilung des Setzkastens und eine Liste der verfügbaren Schriftarten und -grade dabei. Die Benutzung des Winkelhakens und des Satzschiffes sowie die Tatsache, dass alle Buchstaben nur spiegelverkehrt lesbar sind, war den Auszubildenden also bekannt. Auch Fachbegriffe wie: Zeilenabstand, Durchschuss und Spationierung sind in der heutigen DTP-Praxis altbekannte Fachbegriffe. Doch statt einer computergesteuerten Voreinstellung war jetzt Geschicklichkeit und Geduld gefragt. Diese Eigenschaften sind praktischerweise auch für die moderne Ausbildung von zeitlosem Wert.

Erster Tag

© Bildquelle: fws/ PIXELIO (www.pixelio.de)

Ab 8:30 Uhr trudelten die ersten ein. Kurz nach 9:00 Uhr begann der Tag mit einem fast einstündigen Vortrag von Julienne Jattiot, Meisterschülerin und Mitarbeiterin an der Weißenseer Kunsthochschule. „Die moderne Technik hat den Bleisatz zwar weit gehend verdrängt, aber noch immer gibt es einige Verlage, welche Bücher im traditionellen Buchdruck herstellen. Buchdruck ist ein Hochdruckverfahren, welches eine besondere haptische Qualität hat, die durch andere Druckverfahren nicht ersetzt werden kann. Die Buchstaben – Lettern –  bestehen aus einer Legierung von Blei, Zinn und Antimon, das ist ein relativ weiches Metall, es ist giftig, aber runterfallen dürfen die Buchstaben auch deswegen nicht, weil sie dann beschädigt werden …”
Dann begann die praktische Arbeit: Setzkasten mit der richtigen Schrift aus dem Regal ziehen, Zeilenlänge festlegen, Buchstaben und Leerzeichen im Winkelhaken zwischen dünnen Bleistegen zur Zeile zusammensetzen und mit Blindmaterial den Rest der Zeile füllen. War eine Zeile fertig, musste sie vorsichtig vom Winkelhaken auf das Satzschiff abgelegt werden. Zeile für Zeile wuchs der Text, bis der Vorrat an einzelnen Buchstaben zu Ende ging.

© Bildquelle: Bernd Ehrhardt, Werbegrafiker/ PIXELIO (www.pixelio.de)

Ein Ausweg war, den Text nacheinander in zwei Teilen zu drucken, eine andere, kleinere Schriftgröße zu verwenden, oder den dritten Absatz des Textes zu streichen. „Absatz” auch wieder so ein Begriff aus der „Bleizeit”. Am Nachmittag des ersten Tages waren einige Texte fertig für einen ersten Probeabzug. Das gab auch Gelegenheit die Druckfarbe und ihre Wirkung auf dem vorbereiteten Büttenpapier zu testen. Nach dem Probedruck zeigten sich die Buchstaben endlich wieder seitenrichtig lesbar, Voraussetzung für die Korrektur. Mal mussten mit Hilfe der Ahle einzelne Lettern ausgetauscht werden, oder ein Wort fehlte oder das Zeilenbild war zu verbessern. Mit beweglichen Lettern geht das. Beim moderneren maschinellen Zeilenguss (Linotype) mussten dann bei einem Fehler ganze Zeilen ausgetauscht werden. Trotzdem stieg die Produktivität auf mehr als das 20-fache des Handsatzes.

Zweiter Tag

Nur noch schnell die Restarbeiten erledigen und dann können wir endlich drucken. Doch die Korrektur, das Einrichten, das richtige Einlegen der Bögen in die Abzug-Presse, das Nachmischen der Druckfarbe und selbst das Reinigen der Druckform dauerte länger als vorhergesehen. Während Einzelne noch an der Korrektur werkelten und sich das Trockengestell langsam mit fertigen Bögen füllte, waren die Ersten bereits mit dem Ablegen des Satzes in die Setzkästen beschäftigt. Buchstaben, Satzzeichen, Spatien, Regletten, Stege und sonstiges Blindmaterial wanderte nach und nach wieder in die vorgesehenen Regalfächer.

© Bildquelle: Birgit H./ PIXELIO (www.pixelio.de)

24 Stunden braucht Druckfarbe; um zu trocknen. Dafür hält sie dann auch länger als fünfhundert Jahre, gutes Papier vorausgesetzt. Aus Zellstoff, Blei und Ruß entsteht Geschichte.

Empfehlungen:

  1. Kunst unter Verwendung von Bleisatz zeigt Julienne Jattiot noch bis zum 9. September in der „Galerie im Turm2 Berlin. Ausstellung Typosphäre: http://www.kulturamt-friedrichshain-kreuzberg.de/galerie-im-turm/ausstellungen.php?DOC_INST=1
  2. Weißensee Kunsthochschule Berlin

Bühringstraße 20
13086 Berlin
Telefon:  +49 30 47705-0
Telefax: +49 30 47705-290
E-Mail: sekretariat.rektorin[at]kh-berlin.de
Internet: www.kh-berlin.de

P.S. Es gibt noch weitere Fotos, die Anika zur Verfügung gestellt hat. Hier sind diese als Ergänzung zur obigen Galerie zu sehen:

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